Flexibility, space for nature or all high-tech? What are current trends in residential and interior design, and what do they say about our society? These are the questions Armin Ebner, BEHF-Architects co-founder, discusses in the latest Falstaff LIVING 01/2019.
Flexibilität, Raum für Natur oder doch alles Hightech? Welche Trends prägen Wohnbau und Innenarchitektur der Gegenwart und was sagt das über unsere Gesellschaft aus? LIVING hat dazu zwei Experten befragt.
Architektur und Wohnen sind seit jeher ein verlässlicher Spiegel der Gesellschaft. Vor allem, wenn sich die ökonomischen und sozialen Strukturen derart rasant verändern, wie sie es gegenwärtig tun. Zwischen Digitalisierung und der engen Vernetzung von Menschen mit Maschinen, Job-Sharing, Co-Working und neuen Formen des Zusammenlebens werden die Karten immer wieder neu gemischt.
Um sich auf diese Bedingungen, Wohnkontexte und Ideen perfekt einstellen zu können, braucht es vor allen Flexibilität. „Das Leben im 21. Jahrhundert erfordert adaptive Räume, die den sich verändernden Anforderungen der Benutzer entsprechen. Flexibilität ist vor allem erforderlich, wenn sich die Raumnutzung schnell verändert, wenn nicht genügend Platz vorhanden ist und ein Raum verschiedene Funktionen erfüllen muss“, erklärt Armin Ebner, Mitgründer des Wiener Architekturbüros BEHF. Zu den jüngsten Projekten des renommierten Büros zählt etwa der innenarchitektonische Auftritt der neuen „Porto Bar“ im Wiener Hotel „Das Triest“. Ebner ist sich sicher, dass insbesondere kleinere Wohnungen heute effizient und flexibel sein müssen: „Die klassischen Raumtypologien verschwimmen. Essen im Bad, Arbeiten in der Küche, Schlafen im Wohnraum. Die Raumplanung erfolgt daher vielmehr nach grundlegenden, menschlichen Bedürfnissen wie Zurückziehen, Austauschen oder Konzentrieren.“ Das sieht auch der preisgekrönte Vorarlberger Architekt Jürgen Haller so: „Wir versuchen bei unseren Projekten Mehrfachnutzungen zu entwickeln. Dabei spielt der Koch-Ess-Bereich meist eine wesentliche Rolle. Aber auch intimere Räume wie Bad, Ankleide und Schlafzimmer werden kombiniert“, erzählt der 41-Jährige.
DER GRUNDRISS MACHT’S
Flexibilität beginnt übrigens beim Grundriss, ist Haller überzeugt: „Alles Denkbare vorauszusehen ist unmöglich. Wichtiger ist es, Flexibilität in der Grundriss- und Erschließungssituation zu berücksichtigen. Um eine Mehrfachnutzung auch zu späteren Zeitpunkten zu gewährleisten, muss man auf Raumeinteilung, Proportion oder die Anordnung der Türen und Fenster achten.“
Kein Wunder also, dass modernes Bauen immer auch Barrierefreiheit inkludiert. Vor allem bringt ein offener, flexibler Grundriss nicht nur im Alter Bewegungsspielraum. Auch junge Familien freuen sich über eine schwellenfreie Gestaltung, große Türen, Rampen und Aufzüge – alleine schon der klobigen Kinderwagen wegen. Und wer das Pech hatte, sich für einige Wochen auf Krücken fortbewegen zu müssen, weiß, welche Herausforderung Stiegen oder Duschen sein können. Man weiß eben nicht, was die Zukunft so bringt.
CLEVER & SMART?
Außer vielleicht, dass sie beim Wohnen smart sein könnte. Zumindest, wenn es nach der Meinung der Unternehmen geht, die auf der CES in Las Vegas, der weltweit größten Fachmesse für Heimelektronik, neueste Produkte für das smarte Eigenheim vorstellten. Von der Alarmanlage über die Heizung bis hin zum Schlafzimmerwecker und die Jalousie soll alles über Smartphones oder PC gesteuert werden. Für Techkonzerne wie Siemens, Bosch oder Lenovo ist 2019 in dieser Hinsicht ein Schlüsseljahr – selbst wenn die Statistik im Moment noch einiges an Luft nach oben hergibt: Das Gallup Institut ermittelte etwa kürzlich, dass lediglich sieben Prozent ihre Haushaltsgeräte via Internet steuern. Das klingt noch nicht ganz nach der digitalen Revolution.
Auch Jürgen Haller dämpft den Hype um Smart Homes ein wenig: „In Zukunft werden diese hochtechnisierten Räume und Gebäude wieder zum Normalen zurückkehren. Richtig funktionieren jedenfalls nur die Gebäude, in denen sich die Bauherren auch mit dieser Technologie auseinandersetzen.“ Und Armin Ebner von BEHF findet ebenfalls deutliche Worte: „Die digitalen „Allheilsbringer“ stecken noch in den Kinderschuhen ihrer Entwicklung. Das heutige „smart“ ist noch nicht smart genug. Durch die omnipräsente Digitalisierung unseres Lebens zeichnet sich jedoch als Gegentrend durchaus auch eine entgegensetzte Sehnsucht nach Analogem, Realem und Natürlichem ab.“
MEIN FREUND, DER BAUM
Und diese Sehnsucht wird nicht nur spürbar, sondern immer sichtbarer. „Naturbelassene, haptische Oberflächen in warmen Farbtönen gehören zu den größten innenarchitektonischen Trends“, ist sich Jürgen Haller, der übrigens sehr oft und gerne mit Holz baut und plant, sicher. „Glücklicherweise können wir viele Projekte an naturnahen Orten realisieren. Und in beengten Situationen versuchen wir, mit Blickbezügen oder entsprechenden Raumöffnungen die Natur ins Haus zu holen.“
Natur ins Haus zu holen und die Bildung einer grünen Infrastruktur, vor allem im städtischen Raum, ist übrigens ein wichtiger Punkt. „Um dem Stadtraum wieder Naturzonen zurückzugeben, beginnen wir mit dem Renaturieren von Freiflächen und der Entwicklung grüner Gebäude mit nachhaltigen Fassaden und urbanen Gärten. Diese Trends haben sowohl psychophysiologische als auch funktionale Aspekte und können zu zahlreichen Verbesserungen für Umwelt und Wohlbefinden der Menschen beitragen“, ergänzt Armin Ebner.
Wenn man so will, bringt uns die Digitalisierung in Beruf und Alltag am Ende wieder der Natur näher. Zumindest im großen gesellschaftlichen Spiegel der Architektur- und Wohntrends.
Text: Manfred Gram
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