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Stephan Ferenczy in an Interview for H.O.M.E.

What does your home say about you? This is the question Stephan Ferenczy, BEHF Architects co-founder, discusses in the latest H.O.M.E. 01/2019.

WAHRHEIT oder Schmäh?

 

Was kann man an einer Wohnung über deren Bewohner ablesen, und wie wird das Zuhause zur Bühne? Stephan Ferenczy von BEHF Architects erzählt in H.O.M.E., wodurch sich echter von herbeigequältem Luxus unterscheidet – und wie man eine Innenstadt-Wohnung stilvoll inszeniert

 

1995 haben Sie BEHF gegründet. Wie wurde aus der Notwendigkeit durch einen Auftrag eine erfolgreiche Strategie?

Stephan Ferenczy: Wir hatten damals eine Anfrage bekommen, ein Konzept für einen Shop zu entwickeln, das auch umgesetzt werden sollte. Dafür haben wir uns als Team zusammengetan, da das Volumen des Auftrags das verlangte. Susi Hasenauer war damals unsere Sicherheit, denn sie hat schon Geld verdient. Wir Jungs sind losgezogen und wollten rocken.

Man hätte sich auch einen Umsetzungspartner suchen können.

Nein. Als Absolventen der Angewandten waren wir mit Gesprächsthemen beim Abendessen bestens vertraut. Man sprach uns ab, etwas umsetzen zu können. Es heiß: „Ihr seid doch bloß Künstler, die mit einem dicken Filzstift Ideen aufmalen, aber Umsetzer seid ihr keine.“ Das wollten wir uns damals nicht gefallen lassen. Wir wollten dafür sorgen, dass wir in einem funktionierenden Team arbeiten und alle Aufgaben gemeinsam bewältigen.

Ist die viel zitierte Handschrift eines Architekten mittlerweile nicht mehr relevant für den Erfolg?

Wir wurden noch geprägt von den berühmten Namen, die Meister waren und Meisterklassen unterrichteten. Ich finde es sehr sympathisch, das AWG, querkraft oder PPAG und andere Buchstaben, wie wir BEHF, entstanden sind, wo es nicht darum geht, wer der Gründer ist, sondern dass das Team funktioniert. Zum erweiterten Team gehören dann der Bauherr, die Baufirma oder die Behörde. Man geht mit ihnen Partnerschaften ein, die man ernst nimmt. Bei aller Heiterkeit, Emotion, Zuneigung und Abenteuerlichkeit muss man immer überlegen, was man tut, um ein verlässlicher Partner zu sein. Das war auch die Gründungsidee.

Hat Sie die Einkaufskettenarchitektur groß gemacht?

Das Wort finde ich gut, weil es so furchtbar ist! Aus einem großen Konzept ist damals, als wir begonnen haben, Libro übrig geblieben. Den haben wir betreut, und damit ging es für uns so richtig los. Wir hatten Visionen von Helikopterlandeplätzen – die uns nicht bewilligt wurden -, und es ist alles so richtig schön krachen gegangen. Erst war der Chef Manager des Jahres, und dann war er auf der Flucht. Und wir standen da mit einem kompletten Apparat und offenen Rechnungen, die nie mehr bezahlt werden würden. Aus dieser Situation heraus haben wir uns neu aufgestellt und uns auf die Vielfalt unserer Fähigkeiten besonnen. Damit sind wir groß geworden. Wir haben Bauherren als Partner gewonnen, die uns aufgrund unserer Professionalität und Ernsthaftigkeit schätzen. Das ist unsere DNA, und die prägt uns bis heute.

Mittlerweile haben Sie 120 Mitarbeiter …

Ich fand uns schon groß, als wir sieben hatten. Ich habe einfach keine Ahnung, was groß ist! Groß ist man ja eigentlich in der Denke. In den Gefühlen. Das ist wesentlich wichtiger.

Von der kleinen Espressobar Unger und Klein bis zur großen Shoppingmall haben Sie alles gebaut. Gibt es eine Affinität zu bestimmten Projekten?

Wir haben noch keine Krankenhäuser und keine Flughäfen gemacht. Kann noch kommen, aber wir machen definitiv keine Einfamilienhäuser. Nur dann, wenn es davon 20 Stück geben soll oder man tut es, weil man Freunde und Verwandte schlecht abwimmeln kann. Im Grunde machen wir professionelle B2B-Architektur.

Können eine Espressobar oder ein Restaurant Stadtentwicklung leisten?

Ja. Das ist meiner Lieblingserkenntnisse. Sowohl das Fabios als auch das Unger und Klein im ersten Wiener Bezirk haben eine Strahlweite, von der man sagen kann, dass damit Städtebau gemacht wurde. Mittlerweile wurde die Herrengasse zur Begegnungszone umgebaut, und auch die Tuchlauben haben sich stark entwickelt. Wir haben uns dazu viele Gedanken gemacht, und es war unser Ziel, damit dem ersten Bezirk Gutes zu tun.

Was macht den Wohnraum zur Bühne, am Beispiel Ihres kürzlich fertiggestellten Projekts „Korb Etagen“?

Wohnraum ist im ersten Bezirk stark nachgefragt, und natürlich könnte man den ersten Bezirk als Bühne überhaupt betrachten. Die großartige Qualität, die dieser Bezirk besitzt, liegt allerdings in seiner Durchmischung. Es existieren immer noch viele Wohnungen, die günstig sind. Nicht aus mangelnder Qualität, sondern aufgrund einer städtebaulichen Entscheidung. Das setzen die Korb Etagen auf eine gewisse Weise fort. Wir haben kleine Wohnungen geschaffen, die aber ab dem ersten Stockwerk wahnsinnig attraktiv sind. Die schöne Straßenlage mit den vorbeitrabenden Pferden, die positive Lage mit der guten Frequenz und die Kaffeehäuser tragen viel zur Lebensqualität der zukünftigen Bewohner bei. Sogar unter dem Dach mit Blick auf den Stephansdom sind die Wohnungen nicht groß.

War das eine bewusste Entscheidung gegen eine bestimmte Klientel?

Ich möchte keine Nationalitäten diskreditieren, aber wir haben keine Bühne für Helikopterbesitzer geschaffen. Solche Projekte werden in unmittelbarer Nachbarschaft immer wieder abgefeiert, aber ich halte die Qualitäten, auf die dort gesetzt wird, für ordinär. Der teuerste Marmor, die diamantenbesetzte Armatur, die Luxus-Apartment-Etage und so weiter – genau das haben wir nicht gemacht.

Auf welche Qualitäten haben Sie sich besonnen?

Das Haus hat eine schöne alte Bausubstanz aus der Zeit der Jahrhundertwende und wurde in den 50er-Jahren mit tollen Geländern und anderen „Verzierungen“ ausgestattet. Die ganze Sockelzone ist ein Konglomerat aus kostbarem Naturstein. Das alles wollten wir hegen und pflegen und für die nächsten hundert Jahre erhalten. Wir haben die Fenster geöffnet und damit einen schönen Ausblick geschaffen. Es geht ja nicht nur um begehbaren Raum, sondern auch um gefühlten Raum in einer Wohnung. Das Café Korb als bestehende Institution war für uns identitätsstiftend, denn es ist voller Charme und Kultur, Freiheit und Anarchie und eine absolute Bühne für Betreiber und Gäste. Diese Energie haben wir auf das Haus übertragen.

Was kann man an einer Wohnung über deren Bewohner ablesen?

Ganz grob gesagt: Wahrheit oder Schmäh. Beides hat Charme und ist in Ordnung. Denn wer will schon ganz offen sein und seine Medikamente oder Fußpilzcreme herzeigen? Ich will aber keinen Luxus vorgeturnt bekommen, der womöglich nur herbeigequält ist. Es gibt Menschen, die benützen ihre Wohnung als Bühne, was toll ist, wenn sie gut kochen können. Andere gestalten ihre Wohnung wahrheitsgemäß, und man erkennt ihre Bedürfnisse. Es ist wichtig, dass für Menschen vor allem Möglichkeiten bestehen. IKEA hat in Österreich wirklich viel gebracht und dazu beigetragen, dass Design demokratisiert wurde.

Woran muss generell bei der „Wohnbühne“ noch gearbeitet werden?

An den Grundrissen. Diese sind geprägt von einer Wohnbauindustrie, repräsentiert durch die Fachhochschule Krems und ihren Zweig „Immobilienmanagement“. Die verbreiten einen unglaublich reaktionären Unsinn, der von Architekten schon lange hinterfragt wird. Architekten sind bemüht, Wohnungen so zu gestalten, dass man einigermaßen frei entscheiden kann, wie man leben will, und keinem vorgegaukelten Lebenskonzept folgen muss. Leider vom Konsumenten noch nicht. Aber wenn ich durch die Regale im Supermarkt gehe und sehe, was für ein Schrott da verkauft wird, brauche ich mich nicht zu fragen, warum es in der Architektur anders sein sollte.

Ist die Wohnung der Spiegel der Seele?

Ich finde, dass Schuhe viel eher der Spiegel der Seele sind. Aber am Ende ist immer alles die Reflexion der Seele oder eben nicht.

 

Text: Nina Prehofer

 

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